Hemmungen

Zu 1.) Hemmungen

“Ich kann das nicht ..., ich will das nicht ..., wenn ich nichts tue, kann ich auch nichts falsch machen” (siehe das Hildegardis-Kränzchen).

Solche Einstellungen werden vom Klientel selten ausgesprochen und sind zum größten Teil unbewusst. Insofern lässt sich nur an der Stimmung des Klientels (meist depressiv angefärbt, ängstlich, schüchtern), wie auch der wahrnehmbaren inneren Anspannung (die innere Gebremstheit wirkt sich in angespannten, hochwachsamen Gesichtszügen aus), sich Verschweigen, bis hin zur Sprachlosigkeit (z. B. selektiver Mutismus) und gravierender Anhänglichkeit an die erwachsenen Bezugspersonen, aus. Diese Menschen wirken gebremst, bei gleichzeitiger visueller und akustischer Wachsamkeit allem gegenüber, was um sie herum vorgeht. Sie versuchen, Kontrolle über sich (ihre Unsicherheit) zu gewinnen, indem sie geistig jede Anforderung nachvollziehen wollen, um herauszufinden, ob sie der Anforderung gerecht werden könnten. Da sie sich jedoch die praktische Erfahrung, also das Ausprobieren, nicht zutrauen, aus Sorge zu versagen, bleibt es bei der rein geistigen Erfassung von Aufgabenstellungen, was den inneren Druck erhöht aufgrund des ausbleibenden Erfolgserlebnisses. Eine geistige Erkenntnis ist nur über die persönliche Erfahrung, also das Ausprobieren/die Handlung, eine spürbare Erfahrung möglich, die dann zu weiteren Lernerfahrungen motiviert.

Weitere Verhaltensweisen, sich gezielt Meditationsangeboten und damit auch der Beziehung zum Gegenüber zu entziehen, sind:

“Bestechungsversuche“, z. B. um sich “beliebt“ zu machen, um einem neuen Versuch zu entgehen.

Angebote, andere auszugrenzen, um sich vor unbekannten Erfahrungen in Sicherheit zu bringen.

Ständiges Nörgeln oder “Schlechtmachen“ eigener Produktionen oder der sich “niedermachende Vergleich“ mit Produktionen anderer, z. B.: “Ich kann das aber nicht so schön ..., du kannst das viel besser..., bei mir hört sich das immer so bescheuert an ...“ Passivität als Zeichen getarnter Depression: “Mit mir will sowieso niemand spielen..., keiner mag mich..., die machen sich ja doch nur über mich lustig“... usw. (Variationen des Hildegardis-Kränzchens).

Ursachen:

Aufgrund der sehr engen Bindung, meist an die Mütter, die ihre Kinder durch Überfürsorglichkeit, Ängstlichkeit und Selbstunsicherheit (sich ständig Sorgen machen) vor eigenen Erfahrungen (Befürchtung, dass dem Kind etwas zustoßen könnte) schützen wollen, sind diese Menschen nicht in der Lage gewesen, Selbstvertrauen zu entwickeln. Selbstvertrauen ist ein Effekt der Erfahrung des eigenen Könnens, der eigenen Fähigkeiten und der Motivation des sich selber “weiter entwickeln wollens“. Wenn diese Entwicklung verhindert oder gestoppt wird, da die Bezugspersonen einem Menschen aus eigener Ängstlichkeit nichts zutrauen, weichen diese aus auf Kompensationsmechanismen, die sich in oben genannten Vorstellungen von sich selbst äußern können und dazu führen, dass sie sich vor echten Lernerfahrungen schützen wollen und sich lieber in der Therapie in Sicherheit bringen, als sich der unübersichtlichen Gemeinschaft mit anderen auszusetzen, die vielleicht enttarnen könnten, dass sie tatsächlich “nichts können“. Instinktiv suchen sich diese Menschen genau die Bezugspersonen aus, bei denen sie sich Schutz erhoffen, die also Mitleid mit ihrer Schüchternheit haben und sich u. U. an ihrer Bravheit und Angepasstheit erfreuen. Das hat dann wiederum die fatale Auswirkung, dass sie in ihren “Schutzmechanismen“ und ihrer Selbstunsicherheit bestätigt werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Selbstvorstellung gehemmter Menschen in der Regel das Produkt elterlicher Einstellungen, Projektionen und Erziehungshaltungen dem Kind gegenüber ist, die sich oft und gerade aufgrund der ständigen Reproduktion bis ins Erwachsenenalter halten kann.

Umgang:

Diese Menschen brauchen “aufdeckendes Verständnis“, z. B.: “Ich merke, dass du dich nicht traust, weil du meinst, es nicht zu können...“ und “Ermutigung“ durch selbstverständlichen, sorglosen Umgang, z. B.: “Ich zeige dir, wie es geht, und du kannst dann selber entscheiden, ob und wann du dich traust mitzuspielen“. Wichtig ist es, dem Klientel auch mitzuteilen, dass es nichts ausmacht, wenn es nur beobachten will, und dann auch nachzufragen, wie und wo das Klientel meint, etwas nicht zu können. Auf keinen Fall darf dabei Zwang entstehen oder die Stimmung von Enttäuschung, wenn das Klientel sich weiterhin zurückhält. Das Klientel muss in die Überlegung einbezogen werden, welches Instrument oder welches Stück wohl am geeignetsten ist, damit das Klientel selbst sich traut auszuprobieren, was es schon alles kann oder gerne lernen möchte. Je mehr Erfahrungen das Klientel macht, sich zu trauen und dabei auch erfolgreich zu sein, desto mehr wird sein Interesse am gemeinsamen Meditieren mit anderen wachsen. Eine wichtige Information für die anderen, die das gehemmte Klientel womöglich ablehnen wegen seiner Inaktivität, kann darin bestehen mitzuteilen, dass dieser Mensch Zeit braucht zuzuschauen, um sich dann zu trauen am Meditieren teilzunehmen. Dadurch kann sich das Klientel wieder integriert fühlen und Mut fassen, sich trotz Unsicherheit zu beteiligen. Wichtig ist die Erfahrung, die innere Hemmschwelle überwinden zu können. Darin liegt die Herausforderung für gehemmte Menschen und die Lösung aus der “Isolation“ und damit auch die Erfahrung mit ihrer Gemeinschaftsfähigkeit.